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Liebe geht durch die HautEin Essay von Dr. A Pelo, Rotterdam. Ausschnitt S. 197-202 aus: Dr. Frits Bernard (Hrsg): Pädophilie ohne Grenzen - Theorie, Forschung, Praxis. Foerster Verlag, Frankfurt am Main 1997, ISBN 3 9222 57836 (wiedergegeben mit der freundlichen Erlaubnis des Herausgebers) Das Buch ist beim Verleger immer noch erhältlich (siehe Ende des Beitrags) -------------------------------------------------------------------------------- Lob der HautErasmus von Rotterdam lobte die Torheit. Obwohl alle Welt sie als Torheit abtat. Und doch erscheint die Torheit in ihrer gleichzeitigen Universalität und der Tatsache, daß sie meist übersehen wird, mit der Haut Parallelen aufzuweisen. Denn die Haut ist für unsere Körper in der Tat universell: sie umfasst uns ganz. Und sie wird meist übersehen, da sie so offensichtlich ist. Übersehen wohlgemerkt nicht vom Liebenden, der sein geliebtes Objekt anschaut und sprichwörtlich von Haut und Haar angezogen ist. Übersehen vielmehr von der hochgelobten Wissenschaft, die Jahrhunderte brauchte, um die offenbaren Wohltaten der Hautstimulation im Zusammenhang mit psychischer und physischer Gesundheit und der Intaktheit unseres Immunsystems zu bemerken. Ohne Haut wären wir so etwas wie Fässer ohne Böden. Die Haut ist die Hülle unserer Leiber, die im Grunde Wassersäcke sind.3 Darüber hinaus ist die Haut unsere Wärmedecke, unser Temperaturregulator - so ähnlich wie dem Astronauten sein Raumanzug.4 Aber neben dieser Schutz- und Erhaltungsfunktion kommt unserer Haut eben auch eine ganz wichtige Rolle zu bei unserem Wohlbefinden und unserer Gesundheit. Wenn wir massiert oder gestreichelt werden, wenn wir mit Liebe angefaßt werden, dann fühlt sich das gut an, und wir empfinden ein tiefes bien-être. It feels good. Ashley Montagu hat in über dreißig Jahre langer Forschung die überragende Wichtigkeit taktiler Stimulation des Kindes und Jugendlichen belegt. Sein Buch ist denn auch ein Wegweiser für die einschlägige Literatur auf dem Gebiet des skin research.5 Dieser Forscher belegt mit vielen Beispielen, wie schädlich das in der okzidentalen Kultur verbreitete Berührungstabu vor allem für Kinder ist, welches Ungleichgewicht mangelnder taktiler Lustgewinn im Psychosoma des Kindes erzeugt und wie wichtig andererseits solcher Lustgewinn gerade beim Menschen ist. Ausgehend von Untersuchungen im Tierreich, stellte Montagu fest, daß bei Säugern das mütterliche Gelecktwerden überlebenswichtig für die jungen ist6. Dabei ist auffallend, daß die Mutter gerade auch die Genitalien des Jungen leckt, genauer gesagt, die Zone zwischen Anus und Genitalien. Experimente, die dieses pränatale Lecken bei Versuchstieren unterbanden, führten dazu, daß die solcher Zärtlichkeit beraubten Jungen schwerwiegende oder gar zum Tode führende Infektionen im gastrourinären und/oder gastrointestinalen Bereich bekamen.7 Weitergehend fand Montagu heraus, daß auch beim Menschen ein solches Verhalten vorkommt. Unter den Ingalik, einem Eskimo-Stamm, fand Montagu, daß die Mutter das Gesicht und die Hände des Neugeborenen leckt, um sie zu reinigen, bis das Baby alt genug ist, um auf der Bank zu sitzen.8 Es scheint, daß beim Menschen elterliche Hautstimulation des Kindes mehr mit den Händen geschieht, statt mit der Zunge, oder, noch allgemeiner gesagt, durch Blickkontakt und Hautkontakt. Dabei fanden verschiedene Forscher heraus, daß Hautstimulation des Kindes vor allem notwendig ist zur Herausbildung eines gesunden Immunsystems des Kindes.9 Montagu bemerkt in diesem Zusammenhang, daß Liebe definiert wurde als "the harmony of two souls and the contact of two epidermes". In diesem Sinne ist Körperfreude von Mutter und Kind die allergrundlegendste, natürlichste und wohltuendste Form von Sexualität, die die Natur kennt. Unnötig hinzuzufügen, daß es sich hierbei um pädophile Sexualität handelt. Haut, Taktilität und LustDie Haut ist unser eigentliches Sexualorgan. Alle Stimulation der Sexualorgane wird erzeugt durch die Stimulation der Haut, die sie umgibt. Daher erscheint es weltfremd, taktilen Lustaustausch (insbesondere ohne Penetration) nicht Sexualität nennen zu wollen. Sigmund Freud hat Sexualität denn auch in einem sehr weiten Sinne als einen in irgendeiner Weise auf die Sexualorgane bezogenen Lustgewinn definiert. Allerdings stellt sich die Frage, ob solcher Lustgewinn auf die Sexualorgane bezogen sein muß, um die Qualität sexuell anzunehmen. Nun, sicher ist es auch eine Form des Lustgewinns, ein kühles Bier zu trinken oder sein Lieblingsmenü zu essen. Dieser Lustgewinn ist indessen eher oraler Art. Man könnte ihn als nutritiv bezeichnen. Kaum jemand würde auf die Idee kommen, ihn als sexuell zu qualifizieren. Wie aber ist es beim Streicheln über die Brust oder die Genitalien? Kommt es also, allgemein gefragt, auf die Art des Streichelns an, die Intention des Streichelns oder auf die Zone, über die gestreichelt wird, damit eine solche Handlung den Charakter sexuell oder nichtsexuell erhält? Der Leser mag eine Idee davon erhalten, wie schwierig und nebulös solche Abgrenzungsfragen in der Realität sind. Und wie willkürlich ihre Beantwortung oft ausfällt, gerade auch, was das Sexualstrafrecht anbetrifft. Möglicherweise hat sich der Gesetzgeber, angesichts der Tatsache, daß die meisten Sexualgesetze ziemlich alt sind, wenig Gedanken gemacht über solche Fragen und über die Möglichkeit, Verhalten zu pönalisieren, das nicht nur nicht strafwürdig ist, sondern im Gegenteil liebevoll, heilend und wohltuend ist. Diese Hypothese wird gestützt durch die Tatsache, daß die besagten Schutzgesetze, also die Gesetze, die Menschen erst ab einem gewissen Lebensalter oder unter bestimmten Voraussetzungen sexuelle Mündigkeit zugestehen, ursprünglich aus den Kirchengesetzen hervorgegangen sind. Das mag manchen Lesern wohl bekannt sein. Wenige aber wissen, daß es diesen Kirchengesetzen niemals um das ging, was wir heute als taktile Sexualität oder Streichelsexualität bezeichnen würden, sondern um das Verbot der Vergewaltigung von Kindern. Denn die Kirchengesetze selbst gehen wieder zurück auf das römische Recht, was seinerseits auf dem altgriechischen Recht beruht. Und dieses verbot wohl die Vergewaltigung von Knaben, nicht aber einverständliche sexuelle Beziehungen zwischen Männern und kleinen Knaben der Adelsschicht. Erst später, zur Zeit der beginnenden Industrialisation, wurde der Anwendungsbereich dieser Gesetze stillschweigend ausgedehnt, und mehr und mehr auch einverständliche Liebes- und Sexualbeziehungen zwischen Erwachsenen und sogenannten Minderjährigen davon erfaßt. Man kann es auch so sehen, daß der Respekt vor dem Kinde in dem Maße abnahm, in welchem man seine freie Entscheidung, sich in einer bestimmten erfüllten Liebesbeziehung zu engagieren, nicht mehr anerkannte und als rechtlich ungültig qualifizierte. Denn noch nach Ablauf des Mittelalters war es üblich, daß Menschen verschiedener Altersgruppen nackt in einem Bett schliefen, so wie das heute noch bei den Eskimos und bestimmten Eingeborenenvölkern der Fall ist. Die körperlichen Berührungen und gelegentlichen Zärtlichkeiten, die sich dabei mehr oder weniger unwillkürlich ergaben, lockten weder Katzen noch Gesetzgeber hinter dem Ofen hervor.10 Heute wird es eher als unüblich angesehen, Kinder sich nackt gegeneinander kuscheln zu lassen, oder daß sich gar Kinder und Erwachsene gemischt in einem Bett oder auf einer Matte tummeln. Und dies, obwohl wir nun auch von der Wissenschaft her die Bestätigung erhielten, daß direkter Hautkontakt, Wärme, Zusammensein, Zärtlichkeit, Nacktheit, Streicheln und Massage für Menschen aller Altersgruppen gleichermaßen wichtig und lebensnotwendig sind. Verschiedene Forscher haben die Folgen einer Deprivation von Liebesnahrung näher untersucht und kamen zu überraschenden und eigentlich alarmierenden Folgerungen.11 Leider waren solche Forschungen häufig auf die Affenwelt bezogen, obwohl man aus Gründen genetischer Ähnlichkeiten solchen Untersuchungen ihren Wert nicht gänzlich absprechen kann. Aber dennoch scheint es viel naheliegender, gleich beim Menschen solche Phänomene zu beobachten. Die Pädiatrie und vor allem die neuere Kinderpsychologie haben uns hier gute Dienste erwiesen. Denn alle diejenigen Fachleute, die sich mit Kindern beschäftigten, sind sich einig, daß Kinder, die lieblos aufwachsen, wesentlich größere Anpassungsprobleme und Lernschwierigkeiten aufweisen als Kinder, die mit Liebe und Wärme, und vor allem auch mit Hautkontakt während ihrer jungen Jahre, aufgewachsen sind. Erstere Kinder sind insbesondere diejenigen, die man als ruhelos oder zappelig kennzeichnet, die in der Schule durch schwaches Konzentrationsvermögen auffallen und die relativ kontaktarm sind, oder aber sich durch aggressiv-unkooperatives Verhalten leicht von der Gruppe ausschließen lassen. Sie werden häufig als schwierig abgetan oder gar als delinquent herabgewürdigt. Was aber ist eigentlich das spezifisch Pathologische an ihrem Verhalten und in den Umständen, die dieses Verhalten hervorgebracht haben? Was ist, mit einem Wort gesagt, eine Familie ohne Zärtlichkeit? Ist es nicht in allererster Linie eine, die ihre Kinder nicht anrührt, in der Kinder nicht berührt werden? Beim Kleinkind ist man sich noch eher einig, daß die taktile Stimulation essentiell ist für seine physische und psychische Gesundheit und sein gesundes Wachstum, und es ist bewiesen worden, daß enger und langandauernder Hautkontakt des Babys mit Mutter oder Vater (oder anderen taktilnutritiven Personen) sein Immunsystem entscheidend stärkt und das Kind krankheitsunanfälliger macht. Man könnte nun weitergehen und die Auffassung vertreten, daß nicht nur für das Kleinkind, sondern auch für größere Kinder und Jugendliche eine solche Stimulation, die wir hier einmal als Hauterotik bezeichnen möchten, lebenswichtig ist. Denn dafür spricht vieles. Was hat Liebe mit Gewalt zu tun?Es sind vor allem die Forschungen des amerikanischen Sozialpsychologen und Friedensforschers James W. Prescott, die die Weltöffentlichkeit erregten durch die Darlegung der Zusammenhänge zwischen Kinderbetreuung, Sexualverhalten und Gewaltpotential in verschiedenen Kulturen der Welt.12 Quintessenz dieser Forschungen ist die These, daß bestimmte Kulturen, fahren sie weiterhin damit fort, Kinder in einer liebesarmen, taktilnutritiv deprivierten Umgebung und Moral aufzuziehen und voreheliche Sexualität zu verbieten, in einem wahren Chaos von Gewalt ertrinken werden. Denn Gewalt, so stellte Prescott wissenschaftlich fest, entsteht durch eine Kompensationsreaktion des Gehirns für mangelnde (taktile) Lust. Diese Forschungsergebnisse werden besonders einsichtig, wenn man sie zusammen sieht mit den Erkenntnissen des britischen Neuropsychologen T.W. Campbell13, der vierzig Jahre neurologischer Forschung dahingehend zusammenfaßte, daß der Antrieb zu jeder Art von menschlichem Handeln das Streben des Menschen nach Lust ist. Wird nun solcher Lustgewinn verhindert, so kompensiert das menschliche Gehirn diesen Mangel durch eine Stimulierung des Gewaltzentrums im Hirn. Lustzentrum und Gewaltzentrum stehen neurologisch gesehen in einem Verhältnis gegenseitiger Ausschließlichkeit. Je mehr das Lustzentrum aktiviert wird, um so untätiger wird das Gewaltzentrum sein - und vice versa. Man kann von daher sagen, daß Liebe und Gewalt sich ausschließen. Je liebevoller, zärtlicher und taktilnutritiver jemand aufwuchs, je mehr Liebe, Körperfreude und Lust er/sie bereits als Kind erfahren hat, umso weniger gewalttätig wird er/sie später im Leben sein. Erstaunlich ist die weitere Feststellung Prescotts, daß taktilnutritive Mangelerscheinungen in der Kindheit nicht zwangsläufig zu einem gewalttätigen Charakter führen, sondern daß sie wieder ausgeglichen werden durch spätere voreheliche sexuelle Aktivität.14 Gerade hierin liegt vielleicht der besondere friedenspolitische Appell dieser Forschungen, die Freiheit kindlicher und jugendlicher Sexualität unangetastet zu lassen und sie auch gesetzgeberisch anzuerkennen. Leider ist der Bekanntheitsgrad dieser Forschungen nicht sehr hoch, obwohl sie doch von einer für die Zukunft der Menschheit und einen zukünftigen Weltfrieden nicht zu unterschätzenden Bedeutung sind. -------------------------------------------------------------------------------- 3 Unser Körper besteht zu über 90% aus Wasser. 4 GRANT'S Method of Antonomy, 10th. ed., by John v. Basmajian, Baltimore, London: Williams & Wilkins, 1980, S. 61. 5 Ashley MONTAGU, Touching: The Human significance of the Skin, New York: Columbia University Press, 1971. 6 MONTAGU, op. cit., p. 15 7 Id. 8 Id., p. 234 9 Id., pp. 20, 21. Siehe dazu auch den alternativen französischen Geburtshelfer, Michel Odent, in seinem buch "La Santé Primale", Paris: Payot, 1986, p. 26. 10 Siehe die Nachweise bei MONTAGU, op. cit. 11 James W. PRESCOTT, Body Pleasure and the origins of violence, Bulletin of the Atomic Scientists, 10-20 (1975), zum Teil auch veröffentlicht in "TheFuturist", April 1975 12 Id. 13 H. J. Campbell, The pleasure areas, London: Eyre Methuen Ltd., 1973. 14 J. W. PRESCOTT, op. cit. p. 13. -------------------------------------------------------------------------------- Bezugsquelle von "Pädophilie ohne Grenzen" (September 2000): Foerster Media Sprendlinger Landstrasse 120 D-63069 Offenbach BRD Tel: 069/831 022 Telefax: 069/845 991 e-mail: foerstermedia@ibm.net
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